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23.03.2005

Artikel aus der Frankfurter Allgemeinen Zeitung vom 23. 03. 05 

Eine hartnäckige Einzelkämpferin

Teil 8 der FAZ-Serie "Unsere Volksvertreter in Brüssel"

Autor: Michael Stabenow 


Ihr privates Zuhause liegt im Saarland, auf halbem Weg zwischen den EU-Zentren Luxemburg und Straßburg. Ihre politische Heimat sind die Grünen, für die Hiltrud Breyer nun schon in der vierten Wahlperiode im Europäischen Parlament sitzt, zuweilen in Begleitung ihrer Kinder. Dass sich Kinder und Beruf nicht im Weg stehen, ist ein zentrales Anliegen der 1957 in Saarbrücken geborenen Politikerin. Nach wie vor kann sie sich darüber ereifern, das Deutschland im Gegensatz zu vielen anderen EU-Ländern bei der Betreuung des Nachwuchses berufstätiger Mütter so sehr hinterherhinke.

Sosehr sich Breyer für die Gleichstellung engagiert - ihre eigentliche Domäne ist seit ihrem Einzug ins Parlament im Juli 1989 die Umweltpolitik. Nur wenige Mitglieder des Vielvölkerparlaments verfechten so hartnäckig ihre Meinung. Obwohl sie gemeinsam mit dem Straßburger Oldie Friedrich-Wilhelm Graefe zu Baringdorf, der schon in den achtziger Jahren erfolgreich jeder Rotationslogik getrotzt hat, zum festen Inventar der Grünen-Fraktion zählt, hat Breyer im Parlament nie den Eindruck einer klassischen Parteifunktionärin erweckt.

Als Spezialistin für die klassischen grünen Felder des Umwelt- und Verbraucherschutzes sowie die Gleichstellung von Mann und Frau zieht sie es vor, sich nicht auf anderen Feldern der Europapolitik zu profilieren. Das hat ihr auch in den eigenen Reihen den Ruf einer zu sehr auf ihr Fachgebiet beschränkten Einzelkämpferin beschert. Sie gehört auch zu den EU-Parlamentariern, die ihre Medienarbeit weitgehend eigenständig organisieren, ohne groß die fraktionseigene Pressestelle zu bemühen. Kaum eine andere Europaabgeordnete vermag es wie sie, so pünktlich mit Stellungnahmen zu Entscheidungen, Vorschlägen oder Absichten von Parlament, Kommission und Ministerrat aufzuwarten.

Zu ihren hervorstechenden Eigenschaften zählt es, Dinge zu dramatisieren. Hinter fast jedem Vorschlag der Kommission zur Gentechnik wittert sie einen "ethischen Dammbruch". Ihr missliebige Christliche Demokraten wie der CDU-Gruppenchef Hartmut Nassauer "demaskieren sich als Sprachrohr der Chemieindustrie", und wenn das EU-Parlament Stellung zu einer europäischen Regelung zu Ökodesign nimmt, dann zeigt es, in den Worten Breyers, den "Stromfressern die Rote Karte".

Wer daraus auf Großmäuligkeit schließt, wird der Persönlichkeit Breyers nicht gerecht. So scharf sie inhaltlich formuliert, so sehr zieht sie leise Töne und Arbeit bis ins winzigste Detail vor. Als Mitglied einer kleineren Fraktion weiß sie, dass sich ihre Arbeit nicht in systematischer Opposition oder gar Obstruktion der Politik der EU-Institutionen erschöpfen kann. Gemeinsam mit dem CDU-Europaabgeordneten Peter Liese - und gegen zahlreiche Sozialdemokraten und Liberalen - hat sie schon manch schwarz-grüne Achse im Parlament geschmiedet. Dies gilt vor allem für die Ablehnung der Forschung mit embryonalen Stammzellen oder gentechnisch veränderter Lebensmittel. Gerade bei diesen höchst umstrittenen Fragen wird noch viel von Hiltrud Breyer zu hören sein.